Erstaunliches tut sich derzeit in Zürich: Der links-grün dominierte Gemeinderat pfeift seine links-grüne Stadtregierung zurück. Jüngst geschehen bei der mangelhaften Spitalstrategie von Claudia Nielsen und bei der neuen Vermietungsverordnung für städtische Wohnungen.

Bei Letzterer wurde dies kaum zur Kenntnis genommen: Der Stadtrat hat sich mit seiner Position in dieser Sache so stark ins Abseits gestellt, dass er nun von den eigenen Leuten zurückgepfiffen wird. Denn der neuen Vermietungsverordnung haben in der Kommission alle Parteien zugestimmt. Die sozialistischen Ideen der Stadtregierung sind offenbar selbst den linken Parteien zu radikal.

Wir erinnern uns: Der Stadtrat hat im Dezember 2014 die Weisung zur Überarbeitung der städtischen Vermietungsverordnung dem Gemeinderat zugeleitet. Diese sah vor, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mieter nur am Anfang des Mietverhältnisses, nicht aber während der gesamten Mietdauer überprüft werden. Die rot-grüne Stadtregierung wollte also nicht dafür sorgen, dass Personen mit tiefen Einkommen, welche auf günstigen Wohnraum angewiesen sind, in den Wohnungen der Stadt leben können. Der Gemeinderat pfeift nun dieses Abseits.

Verglichen mit dem Status quo ist die neue Verordnung ein kleiner Trippel-Schritt in die richtige Richtung. Sie basiert denn auch auf einem Kompromiss aller Parteien. Zufrieden können wir damit noch nicht sein. Die Einkommenslimiten erschienen mir zu hoch: Ein Mieter darf bei Einzug maximal das Vierfache des Mietzinses verdienen, im Verlauf des Mietverhältnisses maximal das Sechsfache. Besonders originell finde ich, dass die definierten Einkommenslimiten von 15 Prozent der Mieter überschritten werden dürfen. Mit dieser Ausnahmeklausel wird die neue Regelung geschickt wieder ausgehebelt. Auch werden die Privilegien für einige wenige dadurch noch exklusiver. Wer hat es verdient, zu diesen glücklichen 15 Prozent zu gehören? Und wer entscheidet darüber? Ein grosses Feld für Willkür tut sich auf.

Wendet man dieses Prinzip beispielsweise für Verkehrsvorschriften an, bedeutet dies: 15 Prozent der Autofahrer dürfen schneller fahren als es die Höchstgeschwindigkeit erlaubt. Oder: 15 Prozent der Parksünder erhalten keine Bussen. Die wenigen Auserwählten werden sich freuen. Getreu nach dem Motto: für wenige, statt für alle.