Zürcher Bote, 03.06.22

Paukenschlag am 5. Mai: Der Stadt­rat kündigt an, dass er den Büro-Campus Uetlihof kaufen will. Kostenpunkt: Mehr als 1,2 Milliarden Franken. In der Stadt Zürich kennen wir die Immobilienpolitik des Stadtrates und der rot-grünen Mehrheit bestens. Langfristiges Ziel es, möglichst viel Boden und möglichst viele Liegenschaften zu verstaatlichen. Im Linken-Sprech heisst dies, «Wohnraum dem Markt und den Spekulanten entziehen, damit Wohnen bezahlbar bleibt». Die Auswirkungen dieser Politik sind zweierlei. Erstens werden Bürger ungleich behandelt. Es gibt die Gruppe der Privilegierten, die in einer vom Steuerzahler vergünstigten gemeinnützen Wohnung leben können, und alle anderen, welche Marktpreise zahlen. Zweitens wirkt sich diese Politik langfristig preistreibend aus, denn das Angebot an Wohnungen zu Marktpreisen wird knapper. Und wo das Angebot knapp ist, steigt der Preis. Soviel zur Sinnhaftigkeit dieser Politik.

Mit dem geplanten Kauf des ­Uetlihofs ist der Stadtrat nun in neue Sphären gestartet. Der ­Uetlihof ist mit 8000 Arbeits­plätzen der grösste Bürokomplex der Schweiz. Der Stadtrat will uns den Kauf erklären, indem er sagt, er wolle damit die zahlreichen

Arbeitsplätze langfristig in der Stadt sichern. Zudem stelle die Parzelle die zweitgrösste zusammenhängende Wohnbauparzelle in der Stadt Zürich dar und sei daher eine wichtige Baulandreserve. Beide Begründungen sind haltlos. Ausser man ist Anhänger einer Politik der konsequenten Verstaatlichung von Grund und Boden. ­Darüber hinaus ist es geradezu grotesk, dass der Stadtrat meint, für die wirtschaftlich stärkste Branche in der Stadt ­Liegenschaften besitzen zu müssen. Der anvisierte Kauf legt nun ein Demokratiedefizit offen, das in meinen Augen himmelschreiend ist. Bürgerinnen und Bürger der Stadt werden regelmässig an die Urne gerufen, um über 80 Millionen Franken für ein neues Schulhaus zu befinden. Bei den 1,2 Milliarden Franken für den Kauf des Uetlihofs aber haben sie nichts zu sagen. Sie sitzen fassungslos in den Zuschauerreihen.

Wohl muss der Stadtrat den Kauf dem Gemeinderat vorlegen, weil er für die in einem ersten Schritt benötigten 1,2 Milliarden Franken einen Nachtragskredit braucht. Doch das Stadtparlament entscheidet abschliessend, denn Nachtragskredite unterliegen nicht dem Referendum. Gerade erst mit Totalrevision der Gemeindeordnung im Jahr 2020 ist die Kompetenz, Liegenschaften zu erwerben, ganz auf den Stadtrat übertragen worden. Zurückzuführen ist dies auf eine Motion von Links-Grün. Nun haben wir das Geschenk. Der Stadtrat verliert sich in Übertreibungen, der Bürger reibt sich verwundert die Augen. Dies ruft nach institutionellen Korrekturen. Wem die ­Demokratie lieb und teuer ist, der kann mit der jetzigen Situation nicht ­zufrieden sein.